Zifferblattpreise kurz erklärt

Für das Zifferblatt gelten die gleichen Regeln wie für den Rest der Uhr: Der Preis variiert vom Einfachen bis zum Tausendfachen. Das Zifferblatt spielt im Design eines Zeitmessers eine zentrale Rolle. Es ist das Gesicht der Uhr und nimmt den grössten Teil der Oberfläche ein, wird am häufigsten vom Blick gestreift. Je nach Technik variieren Farben, Texturen, Tiefe und Glanz. Sie haben alle etwas gemein: Sie müssen fast ausschliesslich von Hand gefertigt werden.

 

Geduld

Die meisten Zifferblätter sind lackiert. Doch auch diese Technik kann eine Kunst sein: Das Zifferblatt der Bulgari Octo Maserati hat 28 Lackschichten. Nach dem Auftragen jeder Schicht muss eine bestimmte Trockenzeit eingehalten werden. Das Prozedere nimmt fünf Tage in Anspruch, wobei dazwischen für höchste Perfektion immer wieder gereinigt, gebürstet, bearbeitet und poliert wird. Jeder Fehler ist fatal: Der kleinste Kratzer oder Ausrutscher und jegliches Missgeschick führt zur sofortigen Aussortierung. Dieses Lackverfahren stammt aus Japan und heisst Urushi. Naturlack zählt zu den edelsten Lackarten. Chopard verwendet ihn für die Sonderserie L.U.C XP Urushi. Diese Technik wird ausschliesslich von japanischen Lackmeistern mit über 20-jähriger Erfahrung angewandt. Sie fixieren Goldpulver zwischen zwei Schichten. Das Ergebnis ist umwerfend, nimmt aber viele Stunden sorgfältiger Arbeit in Anspruch.

 

 

Sorgfalt

Bezüglich der Tiefe eines Zifferblatts geht nichts über das prestigeträchtige grosse Feueremail. Jaeger LeCoultre verwendet es für die Master Ultra Thin Grand Feu und trumpft noch mit einer weiteren Seltenheit auf: Mehrere Emailschichten werden bei 900 Grad gebrannt. Jedes Mal besteht die Gefahr, dass das Zifferblatt sich wölbt oder das Email birst oder reisst. Dann wird es sofort entsorgt. Jaeger hat sich ausserdem für Weissgoldindexe entschieden. Diese werden überdeckt und später durch ein aufwendiges Polierverfahren wieder freigelegt. Bei dem von Bovet für die Amedeo Fleurier 43 mm eingesetzten Flinker-Email wird eine guillochierte Oberfläche emailliert. In das Metall wird ein geometrisches Motiv graviert. Das Email ermöglicht die Farbgebung. Beide Techniken ergänzen sich hervorragend, sind aber kompliziert und zeitaufwendig.

 

Handwerkskunst

Keine Marke ist in der Guillochierkunst so bewandert wie Breguet, die sie zu einem ihrer Wahrzeichen erkoren hat. Die Werkstätten sind mit einem Park alter Maschinen ausgerüstet, die Motive wie Reiskorn, Clou-de-Paris, Wellen im Sonnenschliff, grosses und kleines Korbmuster und andere gravieren. Mit viel Mühe hat die Marke diese ausschliesslich von Hand zu bedienenden Maschinen aufgestöbert. Breguet ist für die spezielle Kombination unterschiedlicher Motive bekannt. Den Classique Tourbillon Quantième Perpétuel zieren fünf Motive, andere Modelle sogar noch mehr. Auch hier wird das Zifferblatt bereits beim winzigsten Fehler ausgesondert, weil er nicht wieder gutgemacht werden kann.

 

 

Fingerspitzengefühl

Dünnsteine sind nicht minder anspruchsvoll. Sie sind die Spezialität von Jaquet Droz, wie die Petite Heure Minute mit ihrem Rubinherz beweist. Zuerst gilt es, den Rohstein zu finden, zu schneiden, zu durchbohren und zu polieren. Alle Steine haben ihre natürlichen Mängel. Es ist die Kunst des Zifferblattmachers, die optimale Zone im Steinvolumen für das Zifferblatt zu finden. Während der Bearbeitung fällt sehr viel Ausschuss an. Die Kosten für diese Zifferblätter gründen folglich nicht auf ihrer Seltenheit, sondern ihrer Zerbrechlichkeit. Der kunstvolle Einsatz dieser Steine sorgt für die Schönheit – und den Preis – dieser Zifferblätter. Die Arceau Millefiori von Hermès liefert den schlagenden Beweis. Das Zifferblatt wird von der Kristallglasfabrik in St. Louis gemäss einer Technik für die Herstellung der berühmten venezianischen Briefbeschwerer gefertigt. In den Boden dieser Kristallkugeln werden farbige Glasröhrchen mit bunten Motiven eingebettet. Diese Röhrchen müssen angefertigt, montiert, geschnitten, bearbeitet, geschmolzen und zum Zifferblatt verarbeitet werden. Ein langwieriger, von Hand ausgeführter Prozess, der selbst bei Glasmachermeistern eine langjährige Erfahrung voraussetzt.

 

Zeit

Ohne langjährige Erfahrungen könnten auch die Stickerinnen aus dem Hause Lesage das Zifferblatt der Chanel Mademoiselle Privé Motif Brodé Camélia nicht anfertigen. Schwarze Seide dient dieser wertvollen Stickerei mit Seidenfäden für die Lieblingsblume von Coco Chanel als Grundlage. Diese Fusion aus Couture und Uhrmacherei ist nicht nur in der Umsetzung schwierig, sondern setzt auch eine präzise Analyse der Werkstoffe voraus. Ein Zifferblatt ist jahrzehntelang dem Licht ausgesetzt. Der Alterungsvorgang der Seide muss deshalb von Anfang an einkalkuliert werden. Die hohen Ansprüche an das Zifferblatt haben zur Folge, dass alles von Hand gemacht werden muss. Die Herstellung setzt viele Stunden Arbeit durch hochqualifizierte und heute selten gewordene Fachleute voraus. Je mehr Fachwissen und Zeit aufgewendet werden müssen und je höher das Risiko, beim geringsten, oft aufgrund der Anfälligkeit des Materials an sich unvermeidbaren Fehler das Zifferblatt aussondern zu müssen, desto höher der Preis.


Der Uhrenfachjournalist und regelmässige Korrespondent für WorldTempus.com schreibt unsere Rubrik Innovation in einem für alle verständlichen Stil.

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