Julien Tornare: CEO Zenith

Ist dies die wichtigste Baselworld-Teilnahme in der Geschichte von Zenith?

Diese Ausgabe ist ohne Zweifel von grundlegender Bedeutung, da Zenith dabei ist, den neuen Kurs der Marke festzulegen und die Kollektion Defy als solche zu positionieren. Die Besucher der Geneva Days konnten bereits im Januar mit eigenen Augen sehen, dass 2018 für die Erneuerung der Marke steht. Dies müssen wir an der Baselworld bekräftigen. Wir werden für die Besucher dort übrigens ein regelrechtes Erlebnis veranstalten, denn viel zu oft dürfen sie die Stände nur von aussen betrachten und sehen nichts anderes als Fassaden oder Vitrinen. Es soll kein reines Marketing- Event sein. Sie sollen vielmehr Zugang zum Phänomen Defy erhalten. Wir werden das Produkt in den Vordergrund stellen und die Linie zusätzlich zu den zehn bereits Anfang des Jahres lancierten Uhren um fünf neue Modelle erweitern. Ausserdem stellen wir zwei Uhren der Kollektion Pilote vor. All diese Neuheiten werden ab April verfügbar sein. Das ist eine grosse Premiere für Zenith und auch für die Uhrenbranche im Allgemeinen.

Auf welche Neuheiten sind Sie besonders stolz?

Der auf eine Hundertstelsekunde genaue Chronograph El Primero 21 ist und bleibt das Herzstück der Linie Defy, aber wir stellen an der Baselworld zwei weitere herausragende Defy-Modelle vor: eine feinere und erschwinglichere klassische Uhr (ca. CHF 7000 bis 8000.–) und eine grosse Komplikation, die das Comeback von Zenith in der modernen hohen Uhrmacherei einläutet.

Birgt die hohe Uhrmacherei ein grosses Potenzial für Zenith?

Auch wenn die grossen Komplikationen nicht zu einem bedeutenden Segment von Zenith ausgebaut werden, so stellen wir doch fest, dass unsere Marke und ihre Manufaktur in diesem Bereich auf eine reiche Geschichte zurückblicken können. Diese Tradition gilt es fortzuführen. Es wird allgemein angenommen, dass grosse Komplikationen seit ein paar Jahren nicht mehr hoch im Kurs stehen, aber auch wenn die Marken authentisch bleiben und sich an den Geschmack der Kunden anpassen – wie Zenith mit der Defy – denken wir, dass die hohe Uhrmacherkunst eine wahre Daseinsberechtigung hat. Zenith hat schon immer grosse Komplikationen für relativ klassische Gehäuse entworfen. Nun vollziehen wir eine Wende, um sie moderner zu gestalten, und integrieren sie dafür in die Kollektion Defy, die dem aktuellen Zeitgeist entspricht. Wir denken da an drei Modelle im Jahr, beginnend mit der Zéro G (für «zéro gravité», Schwerelosigkeit) an der Baselworld, einem gyroskopischen Tourbillon im Sinne der Academy Christophe Colomb, der aber harmonischer ins Gehäuse eingebettet sein wird. Die rund zehn Exemplare in Gold oder Titan werden ab Juni 2018 erhältlich sein.

Welche Wirkung hatte die Defy Lab seit ihrer Lancierung 2017?

Sie hat viel Begeisterung und eine Beschleunigung des Wachstums ausgelöst. Die Wirkung war enorm positiv. Während der dreimonatigen Markteinführung der Linie Defy El Primero 21 von Oktober bis Dezember 2017 haben wir weltweit annähernd 900 Uhren an Einzelhändler geliefert, die ihrerseits im gleichen Zeitraum 83 % dieser Uhren verkauft haben. Das ist eine ausgezeichnete Quote. Parallel dazu haben wir die Defy Lab im September in unserer Manufaktur in Le Locle vorgestellt. Im November wurde sie mit dem Grand Prix d’Horlogerie de Genève ausgezeichnet. Diese guten Nachrichten haben dazu beigetragen, dass unsere Einzelhändler an den Geneva Days Anfang Jahr sehr zuversichtlich waren, was sich in einer beschleunigten Umsatzentwicklung und einer Stärkung des Markenimages von Zenith widerspiegelte. Wir konnten in unserem Vertriebsnetz, bei der Presse und in der Öffentlichkeit ein grosses Interesse wecken. Die Marke Zenith ist jünger geworden und wird Marktanteile zurückerobern können. Es liegt nun an uns, diesen guten Start voll auszuschöpfen und die Begeisterung auf dynamische Weise weiterzugeben.

Wie möchte Zenith die Kunden bis Ende 2018 überraschen?

Aber das macht Zenith doch schon jetzt! Und zwar so sehr, dass wir selbst überrascht sind. Wir müssen jedoch noch weiter gehen. Wenn wir es bereits in diesem Jahr schaffen, die Weiterentwicklung der Defy Lab mit dem neuen Oszillator zu vermarkten, dann wäre das eine ausgezeichnete Überraschung. Das Potenzial ist riesig: Für diese im September vorgestellte Sonderserie, die in nur zehn Exemplaren aufgelegt wird, haben wir 150 Bestellungen verbucht. Diese bedeutende Innovation müsste in eine Serienproduktion umgewandelt werden, aber dazu müssten erst noch technische Fragen gelöst werden. Wir möchten uns die nötige Zeit lassen, damit alles einwandfrei ist. Das gleiche gilt für die Kommunikation, die wir um drei Hauptachsen angeordnet haben: die Partnerschaften mit Cohiba-Zigarren und Range Rover werden mit der Entwicklung von Sonderserien wie z. B. für die neue Defender und Evoque fortgeführt. Ausserdem lancieren wir zur Unterstützung des Innovationsgeistes der Defy die Zenith Talks. Wir ermutigen erfolgreiche Jungunternehmer, an Zenith-Veranstaltungen in allen unseren Märkten 15 Minuten lang über ihre Erfahrungen zu berichten, und setzen auf diese Weise den Start-up-Geist der Marke lokal um.

Was hat Sie überrascht, als Sie letztes Jahr die Leitung von Zenith übernommen haben?

Mir wurde oftmals erzählt, dass Zenith in der Öffentlichkeit, bei den Einzelhändlern und in der LVMH-Gruppe über hohe Sympathiewerte verfügt. Sie alle hegen grosse Erwartungen, dass die Marke wieder an frühere Erfolge anknüpft. Mich hat überrascht, wie schnell die Energie am Geschäftssitz in Schwung gekommen ist. Bei meiner Ankunft war die Situation sehr schwierig. Ich dachte, dass wir viel mehr Zeit brauchen würden, um das Ruder herumzureissen. Nach einigen Monaten spürte ich aber bereits die ersten Auswirkungen der Dynamik, die ich in die Marke einbringen wollte. Sie wurde von einigen Schlüsselpersonen bei Zenith aufgegriffen, die viel früher als erwartet daran zu glauben begannen. Wir haben es in Rekordzeit geschafft, einen äusserst positiven Zusammenhalt herzustellen. Bezeichnenderweise haben sich die Bestellungen der Einzelhändler während der Geneva Days vervierfacht. Das hat den Teams frischen Aufwind gegeben, und wir spüren eine völlig neue Energie.

Brice Lechevalier ist Chefredakteur und Mitbegründer von GMT (2000) sowie Skippers (2001) und leitet WorldTempus seit der Integration in das Unternehmen GMT Publishing als Ko-Aktionär. 2012 entwickelte er die Geneva Watch Tour. Seit 2011 dient er als Berater des Grand Prix d’Horlogerie de Genève. Im Bereich des Segelsports zeichnet er seit 2003 für die Veröffentlichung der Zeitschrift der Socitété Nautique de Genève verantwortlich. Er ist ferner Mitbegründer des 2009 ins Leben gerufenen SUI Sailing Awards (offizieller Schweizer Segelpreis) sowie des 2015 erstmals durchgeführten Concours d’Elégance für Motorboote des Cannes Yachting Festival.

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