Doppelt oder gar nicht

Die ultrapräzise RM031 Haute Performance setzt neben anderen innovativen Lösungen auch auf die Doppelspirale.

Die Millenary Quadriennium birgt eine Audemars-Piguet-Hemmung mit Doppelspirale.

 

Die Spirale reguliert gemeinsam mit der Unruh den Gang der Uhr. Mit dem Duo steht und fällt die Präzision. Naturgemäss reicht eine Spirale, und doch verwenden mehrere Marken zwei. Es geht dabei nicht um zwei getrennte Hemmungen wie bei Doppeltourbillons, sondern tatsächlich um zwei an die gleiche Unruh gekoppelte Spiralen. Warum? Weil eine mit zwei Spiralen versehene Hemmung einen regelmässigeren, stabileren und nachhaltigeren Gang garantiert.

 

Stabilität

Der erste Vorteil dieser Doppelspirale sind besser zentrierte Schwingungen. Das scheint vielleicht ein Detail zu sein, ist aber grundlegend. Die Form der Spirale verändert sich ständig. Sie öffnet und schliesst sich je nach Unruhschwingung abwechselnd, wobei sich der Schwerpunkt verlagert. Er bewegt die Unruhachse in den Drehzapfen. Diese Reibung führt zu einem hohen Energieverlust, der den Uhrmachern seit Jahrhunderten Kopfzerbrechen bereitet. Sie kann durch zwei gegenphasig, d.h. in einem Winkel von 180° zueinander montierte Spiralen verringert werden. Zieht sich die erste Spirale zusammen, entspannt sich die zweite. Verlagert sich der Schwerpunkt der ersten nach rechts, verlagert sich der der zweiten nach links. Die zwei Spiralen gleichen ihre Bewegungen kontinuierlich aus. Ergebnis? Deutlich geringere Reibung der Unruhachse.

 

 

Der Galet Tourbillon von Laurent Ferrier nutzt zwei Spiralen für eine Rekordpräzision.

Die Royal Oak Double Balancier Squelette präsentiert erstmals zwei gegenphasig auf der gleichen Achse montierte Unruhen.

 

Ausdauer

Der zweite Vorteil ist die Stosssicherungswirkung der beiden Spiralen. Ein Schlag von aussen bringt Spirale und Unruh aus dem Gleichgewicht, wobei sie schnell wieder zu einem regelmässigen Gang zurückfinden müssen. Diese Rückkehr zur richtigen Frequenz nennt man Regulierfähigkeit. Dank der Energie beider Spiralen findet die Unruh schneller zu einem regelmässigen Gang zurück, was die Präzision weniger beeinträchtigt.

 

Zwillingsfaktor

Diese Zeitmessfaktoren können nur unter einer Bedingung greifen: Beide Spiralen müssen die gleichen Eigenschaften und mikrongenau die gleiche Form aufweisen, damit sie die Abweichungen der jeweils anderen Spirale ausgleichen können. H. Moser & Cie. hat dieses Verfahren als erste Marke angewandt. Beide Spiralen stammen aus dem gleichen Guss, der gleichen Drahtspule, werden paarweise aufgerollt und gleichzeitig gebrannt – wie eineiige Zwillinge.

 

Als Pionier der Doppelspirale verwendet H. Moser & Cie. diese auch für sein Tourbillonwerk mit Automatikaufzug.

Neben Anker und Ankerrad aus Diamant kommt auch Leroy dank der auf die Fertigung von Hemmungen und Spiralen spezialisierten Tochtergesellschaft in den Genuss des Prinzips der Doppelspirale.

Unruh mit doppelter Siliziumspirale der Breguet Classique Chronométrie 7727

 

Beliebtheit

Die Idee wurde vor allem bei besonders komplexen Zeitmessern aufgegriffen. Leroy verwendet die Hemmungen der Tochtergesellschaft MHVJ, die Spiralen perfekt paarweise fertigen kann. Die Classique Chronométrie von Breguet mit einer Frequenz von 10 Hz besitzt Siliziumhemmungen mit sehr komplexen Endkurven. Audemars Piguet ging für die neue Royal Oak Double Balancier sogar noch einen Schritt weiter und montierte zwei Unruhen mit je einer Spirale gegenphasig auf der gleichen Achse, wodurch die Vorteile der Doppelspirale ebenfalls genutzt werden können. Das grösste Problem ist dabei, zwei absolut identische Spiralen mit identischer Einstellung zu garantieren. Die Marke spricht von einem Präzisionsgewinn von rund 30% gegenüber einer klassischen Hemmung. Gewaltig! Das war sicherlich noch nicht das letzte Kapitel des doppelten Lottchens.

 

Der Uhrenfachjournalist und regelmässige Korrespondent für WorldTempus.com schreibt unsere Rubrik Innovation in einem für alle verständlichen Stil.

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