Marc A. Hayek : Präsident und CEO von Breguet

Breguet feiert den zehnten Geburtstag der Kollektion Tradition. Worüber sind Sie in diesem Zusammenhang am zufriedensten?

Mit dem Jahrgang 2015 dieser Kollektion Tradition enthüllt Breguet verschiedene Elemente aus der Geschichte, der Technologie und der Funktionsweise der Uhrmacherei und ihrer Komplikationen. Es handelt sich um eine neue, sichtbarere Weise, unsere Leidenschaft zu erklären. Luxus ist nicht nur persönliches, sondern vor allem geteiltes Vergnügen. Natürlich geteilt von Liebhabern, aber auch von allen anderen, denen das Design unserer Zeitmesser gefällt. Nehmen wir mein diesjähriges Lieblingsmodell, den Chronographe Indépendant 7077, als Beispiel, das diese Philosophie perfekt symbolisiert: Der Betrachter interessiert sich zuerst für das doppelte Federhaus, denkt dann über die Funktionsweise und den Hintergrund dieses Chronographen nach, und schon ist eine rege Diskussion im Gange. Wir haben das bereits mit dem Tourbillon fusée erlebt, dessen kleine Kette überraschte und mit dem wir das Prinzip der konstanten Kraftübertragung darlegen konnten. Der visuelle Eindruck löst Fragen zur uhrmacherischen Substanz aus, und genau das erscheint mir wesentlich. In diesem Sinne ist die radikale ästhetische Auslegung der uhrmacherischen Tradition, die beispielsweise als ultramoderne Brücke daherkommen kann, meiner Meinung nach grundlegend.

 

Was sind die anderen Höhepunkte in diesem Jahr für Breguet?

Ich werde mich auf die zwei grössten Höhepunkte auf zwei Kontinenten beschränken: Waterloo im Juni und San Francisco im September. Alle gekrönten Häupter dieser Erde werden sich an der Feier zum Gedenken an die Schlacht von Waterloo ein Stelldichein geben. Breguet trägt durch die Renovierung eines historischen Gebäudes zu diesem Anlass bei, denn unsere Marke setzt immer auf Substanz und erfreut sich lieber daran, dass diese Schlacht den Grundstein für den Frieden legte. Von September 2015 bis Januar 2016 organisieren wir in Zusammenarbeit mit dem San Francisco Fine Art Museum in den USA eine Ausstellung antiker Objekte, von denen einige noch nie der Öffentlichkeit gezeigt wurden, weil wir sie erst unlängst erstanden haben.

 

Welche Herausforderungen warten in den kommenden zehn Jahren auf Breguet?

Idealerweise die Weiterführung des Lebenswerks von Abraham-Louis Breguet, auch wenn die letzten Jahre bereits ein Feuerwerk an Innovationen und spitzentechnologischen Neuerungen brachten, z.B. mit der Einführung des magnetischen Zapfens sowie von Silizium. Ich hoffe, dass wir auch zukünftig die Latte immer höher legen können. Ich möchte an dieser Stelle alle Männer und Frauen ehren, denen wir diese Geniestreiche verdanken und die das menschliche und technische Know-how unserer Kreationen symbolisieren. Ausserdem werden wir die Handwerkskünste ins Rampenlicht rücken.

 

Auf welche Neuheit sind Sie als Präsident von Blancpain besonders stolz?

Der Chronograph Bathyscaphe aus der Kollektion Fifty Fathoms ist viel mehr als nur eine Uhr. Er verkörpert das gesamte Projekt «Blancpain Ocean Commitment», mit dem die Wasserschutzgebiete weltweit verdoppelt werden sollen. Neben schöner Mechanik ist dieser Zeitmesser auch geschichtsträchtig und trägt zudem direkt zum Schutz unseres Planeten bei. Dieser Aspekt liegt mir persönlich speziell am Herzen. Rein uhrmacherisch lässt der Karussell-Tourbillon mein Herz besonders hoch schlagen. Er bildet den Höhepunkt unserer Serie L-evolution, deren erstes Modell mich weniger überzeugte. In Sachen Hightech und Uhrmacherei entspricht dieses Produkt nun perfekt meinen ursprünglichen Erwartungen an dieses Konzept.

 

Wie steht es mit Jaquet Droz, einer ebenfalls von Ihnen geleiteten Marke?

Mein Favorit ist die Lady 8 Flower Automatique, die Frauen- wie auch Männerherzen höher schlagen lässt. Blancpain und Breguet entwickeln dem jeweiligen Markenerbgut entsprechende Komplikationen für Damen. Ich bin der Überzeugung, dass eine Marke ihrer eigenen Philosophie und Funktionsweise der Uhren treu bleiben muss. Bei Jaquet Droz ist und bleibt der Automat das Wahrzeichen der Marke. Für mich ist der Automatismus die Quintessenz des Konzepts der Automaten, und das Modell findet einstimmigen Anklang.

 

Wie bringen Sie die Leitung aller drei Marken immer unter einen Hut?

Tatsächlich habe ich regelmässig das Gefühl, mich dreiteilen zu müssen. Ohne die exzellenten Teams, die mich tatkräftig unterstützen, wäre das nicht möglich! Natürlich verlangen mir Blancpain und Breguet mehr Energie ab als die derzeit noch kleinere Marke Jaquet Droz. Bei Blancpain und Breguet begeistere ich mich manchmal sehr für ein bestimmtes Projekt, das mich dann sehr viel Zeit kostet. Doch die Teams der anderen Marke rufen mich dann zur Ordnung, und so gleichen wir es wieder aus. Es herrscht ein sehr reger Austausch, und bei Breguet spüre ich, dass mein persönliches Engagement noch wichtiger ist.

 

Wo liegen Ihrer Meinung nach insgesamt die grössten Entwicklungspotenziale?

Ich denke, dass wir mit allen drei Marken noch ein bedeutendes Wachstumspotenzial in den USA haben, denn dort sind wir im Vergleich zu unserer üblichen Konkurrenz noch nicht auf dem gleichen Niveau wie überall sonst auf der Welt. Weiteres Potenzial sehe ich auf bestimmten Märkten wie Indien, wo Breguet sich bereits gut etabliert, aber Blancpain noch nicht das richtige Sesam-öffne-dich-Produkt gefunden hat. Blancpain trumpft hingegen in China auf, wo Breguet noch viel Raum für Entwicklung bleibt. Wie dem auch sei: Wer weiss heute schon wirklich, wie sich die Märkte zukünftig entwickeln werden und welche geopolitischen Ereignisse uns bevorstehen?


Brice Lechevalier ist Chefredakteur und Mitbegründer von GMT (2000) sowie Skippers (2001) und leitet WorldTempus seit der Integration in das Unternehmen GMT Publishing als Ko-Aktionär. 2012 entwickelte er die Geneva Watch Tour. Seit 2011 dient er als Berater des Grand Prix d’Horlogerie de Genève. Im Bereich des Segelsports zeichnet er seit 2003 für die Veröffentlichung der Zeitschrift der Socitété Nautique de Genève verantwortlich. Er ist ferner Mitbegründer des 2009 ins Leben gerufenen SUI Sailing Awards (offizieller Schweizer Segelpreis) sowie des 2015 erstmals durchgeführten Concours d’Elégance für Motorboote des Cannes Yachting Festival.

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