Kolumne : Mein Mann, seine Smartwatch und ich

Wir hatten alles im Griff. Wenn der Mann unseres Lebens mit leuchtenden Augen von Tourbillon, Mondphase oder Minutenrepetition sprach, setzten wir ein interessiertes Gesicht auf und dachten an den neuesten «It Bag» oder ein anderes unerlässliches «It». Wir wussten, welche Fragen wir zu stellen hatten, und schon konnte er sich stundenlang allein weiter für das Thema begeistern. Kurz und gut, Friede, Freude, Eierkuchen – bis die Smartwatch kam. Nach dem x-ten iPhone und anderen Gadgets ging natürlich kein Weg an der Smartwatch vorbei. Natürlich konnte er nicht einfach irgendeine kaufen, sondern musste sich vorher ausgiebig erkundigen. Er startete seine Recherchen, deren Ergebnisse er natürlich mit mir teilen musste. Am Anfang interessiert man sich fast wirklich für das Thema, doch da die Leistungsanalyse jeder einzelnen Uhr mehrere Tage in Anspruch nimmt, verliert man schnell die Lust. Doch Mann nicht. Er kommt eines Abends ganz stolz mit seiner neuen Smartwatch nach Hause. 30 Sekunden später hat er wissbegierig die Bedienungsanleitung rausgefischt und sie drei Stunden später immer noch in der Hand! Nach rund einem guten Dutzend «komisch, das geht nicht» und «aber ich habe es doch genau nach Anleitung gemacht» funktioniert die Uhr endlich. Uff! Jetzt geht das normale Leben wieder seinen Gang. Doch weit gefehlt, denn Mann ist noch in der Testphase: Er hat plötzlich ein Faible fürs Joggen entdeckt oder besser gesagt ein ultrageniales Outfit gekauft, um damit zweimal um den Wohnblock zu rennen. Er achtet auf seine Linie, d.h. grüner Salat ohne Öl, aber Tiramisu als Dessert. Er überwacht die Qualität seines Schlafs und kann deshalb den Hund um Mitternacht nicht mehr Gassi führen. Doch Mann bleibt Mann, ob vernetzt oder nicht. Es braucht nur ein wenig Geduld. Am Anfang sind es nur Details: ein ganzer Tag, ohne alle zwei Minuten auf seine Uhr zu starren, ein Tag, ohne die Zahl gemachter Schritte zu überprüfen, und hopp, eines schönen Morgens hat er wieder einen guten alten Chronographen am Handgelenk. Hmm, wir müssen wohl den Schrank für vernetze Geräte erneut vergrössern.

 

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