Ganggenauigkeit: zwei Ansätze

THE HEART OF ROLEX PRECISION TIMEKEEPING : the Parachrom hairspring and the balance wheel
using the Microstella system

Gütesiegel «POINÇON PATEK PHILIPPE»

Kaliber PATEK PHILIPPE 240

Ganggenauigkeit ist ein qualitatives Kriterium, das jedoch quantitativ erfasst wird. Die Präzision einer Uhr lässt sich an ihrer mittleren Gangabweichung messen. Für eine Chronometer-Zertifizierung darf das Werk pro Tag höchstens 4 Sekunden nach- und 6 Sekunden vorgehen, was sich wie folgt liest: -4/+6 Sekunden/ Tag. Zahlreiche Marken haben sich jedoch entschieden, systematisch bessere Leistungen zu erbringen. Auf welche Art und Weise sie das tun, kann sich aber von Grund auf unterscheiden. Zwischen einem industriellen Ansatz mit grossen Mengen einerseits und einer mittelgrossen Fertigung mit zahlreichen manuellen Anpassungen andererseits liegen Welten. Diese Unterschiede lassen sich am besten am Beispiel der beiden führenden Uhrenhersteller Rolex und Patek Philippe veranschaulichen.

ZWEI MASSSTÄBE

Das Verhältnis der in diesen beiden Firmen gefertigten Mechanikwerke beträgt 20:1. Die Präzision, die sie gewährleisten, ist jedoch vergleichbar und liegt weit über den Minimalwerten der Chronometer-Zertifizierung. Das Programm «Superlative Chronometer» von Rolex garantiert, dass die Abweichung bei 100 % der Uhren zwischen -2 und +2 Sekunden pro Tag liegt. Das Gütesiegel «Poinçon Patek Philippe» verlangt, dass die Ganggenauigkeit der Uhren sich im Bereich von -3 bis +2 Sekunden pro Tag bewegt. Bei Rolex werden im Vorfeld äusserst ausgefeilte industrielle Lösungen entwickelt, damit die Uhr einfach bleibt und die abschliessenden Etappen wie Montage und Einstellung so effizient wie möglich sind. Bei Patek Philippe erfordern der Fokus, der auf die Vollendungen gelegt wird, und eine bestimmte Vorstellung der Uhrmachertradition Feineinstellungen von Hand.

GOLDSCHMIEDEKUNST

Patek Philippe ist die einzige Luxusmarke, die sich grundsätzlich für Ganggenauigkeit einsetzt. Zur Erzielung dieses wichtigen Ergebnisses stützt sich Patek Philippe auf die Fertigung hochpräziser Bestandteile. Diese Bemühungen stossen allerdings schnell an ihre Grenzen, denn Umstellungen an Werkzeugmaschinen für die Bearbeitung von Bestandteilen sind der Genauigkeit abträglich. Die Maschinen sind am wirksamsten, wenn sie lange die gleichen Teile herstellen, sodass langfristig eine Stabilisierung des Produktionsverhaltens erreicht wird. Wenn es darum geht, Federn mit einer Stärke von einem Viertelmillimeter zu fertigen, sind die Anforderungen sehr hoch. Nun stellt Patek Philippe aber Dutzende von verschiedenen Kalibern her, was sich in geringen Stückzahlen niederschlägt. Zum Ausgleich wird daher auf hochwertige manuelle Anpassungen zurückgegriffen. Die Werke werden unabhängig vom Zeitaufwand angepasst, bis sie eine den hauseigenen Standards entsprechende Ganggenauigkeit bieten

INDUSTRIELLE TUGENDEN

Rolex stellt hingegen 20-mal mehr Werke mit fünfmal weniger Kalibertypen her. Das bedeutet, dass jede Maschine wesentlich länger die gleichen Bestandteile bearbeiten kann und mitunter sogar nie eine andere Aufgabe erhält. Zudem reguliert Rolex die Temperatur der Maschinen, damit die Öle, die Luft und das Metall der Roboter zu jeder Jahres- und Tageszeit stabil bleiben. Werden dabei einige Mikron an Genauigkeit gewonnen, ist der Vorteil unter dem Strich beachtlich. Der Zusammenbau der Uhrwerke dauert nur wenige Minuten. Vor allem aber können sie dank des Microstella-Systems mit verblüffender Leichtigkeit eingestellt werden. Auf diese Weise verlassen die Rolex-Werke die Montagewerkstätten mit einer Genauigkeit von -1/+1 Sekunde pro Tag! Der Unterschied zwischen Handveredelung und hohen Produktionsmengen spiegelt sich im Verkaufspreis wider, der für eine einfache Stahluhr bei einer vergleichbaren Ganggenauigkeit zuweilen das Vierfache betragen kann.

Der Uhrenfachjournalist und regelmässige Korrespondent für WorldTempus.com schreibt unsere Rubrik Innovation in einem für alle verständlichen Stil.

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