Kunst und Wissenschaft : Panerai taucht ins Museo Galileo ein

Jupiterium Panerai (1532 Bestandteile)

Die Planetenuhr mit ewigem Kalender in geozentrischer Perspektive (wie zur Zeiten Galileos) gibt die Positionen von Sonne, Mond und Jupiter sowie der Medici-Planeten des Himmelszelts an (damals die vier grössten Jupitermonde, später Io, Europa, Ganymed und Kallisto genannt), die Galileo 1610 dank der Erfindung des Teleskops beobachtete. Alle Himmelskörper mit Ausnahme der Erde bewegen sich durch einen auf das Werk der Uhr abgestimmten Mechanismus innerhalb der Himmelskugel und kreisen in Echtzeit auf ihren Umlaufbahnen: Der Mond kreist in 29,53 Tagen um die Erde, die Sonne braucht dafür 365,26 Jahre, Jupiter dreht sich in 11,87 Jahren um die Sonne, während seine Satelliten für eine Umrundung 1,8 (Io), 3,6 (Europa), 7,2 (Kallisto) bzw. 16,7 Tage (Ganymed) in Anspruch nehmen.

Auf den ersten Blick kann der Ansatz von Officine Panerai widersprüchlich erscheinen: Das männliche Image der Marke wird durch Taucheruhren eher mit dem Meer und ihrem Engagement für traditionelle Segelboote verbunden. Und doch ist es eine glänzende Idee, vor allem seit der Entwicklung hauseigener Kaliber, diese Bekanntheit bei Liebhabern schöner Mechanikuhren um eine wissenschaftliche und kulturelle Dimension zu erweitern. Abgesehen von den gemeinsamen geografischen Wurzeln könnten der räumlich-zeitliche Inhalt und der internationale Ruf des ehemaligen Instituts und Museums für Wissenschaftsgeschichte, das im Juni 2010 nach einer Verwandlung, zu der Panerai aktiv beigetragen hat, in Museo Galileo umgetauft wurde, die Konservatoren einer Stadt wie Genf vor Neid erblassen lassen. Panerai hebt sich von anderen Marken, die mal die eine oder andere temporäre Ausstellung in grossen Museen renommierter Hauptstädte unterstützen, durch eine seit 2008 ununterbrochen andauernde Zusammenarbeit sowie die gemeinsame Entwicklung eines direkt mit der Szenografie des Museums zusammenhängenden Einzelstücks ab. CEO Angelo Bonatti erklärt: «Die Manufaktur Officine Panerai wollte mit dieser herausragenden Planetenuhr den Vater der modernen Wissenschaft ehren, der der Präzisionsuhrmacherei durch seine Pendelgesetze den Weg ebnete. Es handelt sich um eine noch nie dagewesene Kreation, deren mechanische Komplexität der technischen Virtuosität der Manufaktur eine neue Dimension verleiht.»

 

Eine Referenz

Genau wie Zeitmesser, bei denen die Ausstattung ebenso perfekt ist wie der uhrmacherische Inhalt, reimen bei dem in einen Schrein aus dem 11. Jahrhundert – den Palazzo Castellani – eingebetteten Museo Galileo auf 3500 Quadratmetern altüberliefertes Fachwissen mit internationaler Offenheit und beispielhaftem Wissensaustausch. Das Zentrum für Dokumentation und Spitzenforschung in Wissenschafts- und Technikgeschichte stellt nicht nur Forschern aus aller Herren Ländern über 170 000 Werke der Bibliothek zur Verfügung, sondern gewährt auch per Internet Zugriff auf eine umfassende digitale Datenbank, die allein 2011 von einer Million Besuchern konsultiert wurde. Die Ausstellung entspricht den modernsten Ausstellungskonzepten, vereint historische und wissenschaftliche Genauigkeit mit konservatorischen Anforderungen und eine gelungene Kommunikationsstrategie (vor allem in der pädagogisch wertvollen interaktiven Abteilung) mit elegantem Design. Ein Jahr nach der Wiedereröffnung wurde das Museo Galileo in Italien bereits zum Museum des Jahres (Kategorie Bestes Management) gekürt, von der British Society for the History of Science mit dem Preis des Wettbewerbs Great Exhibitions Competition 2010 und dem European Museum Academy Award 2011 ausgezeichnet.

 

Galileo und die Zeitmessung

Die neue interaktive Abteilung des Museums ermöglicht unter anderem auch durch das Mitwirken von Panerai ein besseres Verständnis der komplexen Funktionsweise bestimmter wissenschaftlicher Instrumente, die beispielsweise durch extrem komplizierte mechanische Systeme zur Messung der Zeit dienen. Dank zahlreicher Touchscreens, mechanischer Miniaturmodelle und von den Besuchern selbst aktivierter Sammlerstücke wird in den drei Sälen aufgezeigt, welch grundlegende Rolle Galileos Entdeckungen bei der Perfektionierung der Zeitmesssysteme gespielt haben. Im ersten Saal werden die Bewegungen der Himmelskörper (Zeit, Distanzen und Umlaufbahnen) dargestellt, und im zweiten werden antike Uhren wie der spektakuläre Nachbau der astronomischen Uhr Orologio dei Pianeti von Lorenzo della Volpaia präsentiert, die er 1510 für Lorenzo de‘ Medici fertigstellte. Der dritte Saal ist Galileos Forschungsarbeiten über Zeit und Raum gewidmet, insbesondere seinen Berechnungen des Längengrads. Galileo versuchte das Problem zu lösen, indem er die Bewegungen der Jupitermonde beobachtete und das Pendelgesetz auf die mechanische Uhr anwandte. Die Funktionsweise der Pendeluhr wird durch eine vergrösserte Reproduktion des von Galileo entwickelten Zeitmessinstruments und anhand eines mechanischen Modells erklärt, das Galileos Kreispendel mit dem Zykloidenpendel vergleicht. Die Funktionsgrundlagen der mechanischen Uhren werden anhand von überdimensionalen und direkt vom Besucher aktivierbaren Hemmungsprototypen dargestellt. Siehe unter www.museogalileo.it.


Brice Lechevalier ist Chefredakteur und Mitbegründer von GMT (2000) sowie Skippers (2001) und leitet WorldTempus seit der Integration in das Unternehmen GMT Publishing als Ko-Aktionär. 2012 entwickelte er die Geneva Watch Tour. Seit 2011 dient er als Berater des Grand Prix d’Horlogerie de Genève. Im Bereich des Segelsports zeichnet er seit 2003 für die Veröffentlichung der Zeitschrift der Socitété Nautique de Genève verantwortlich. Er ist ferner Mitbegründer des 2009 ins Leben gerufenen SUI Sailing Awards (offizieller Schweizer Segelpreis) sowie des 2015 erstmals durchgeführten Concours d’Elégance für Motorboote des Cannes Yachting Festival.

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