Jérôme Lambert, Jaeger-LeCoultre : CEO von Jaeger-LeCoultre

Welches sind Ihrer Meinung nach die drei besten Entscheidungen, die Sie für Jaeger-LeCoultre seit Ihrem Amtsantritt 2002 getroffen haben?

Rückblickend war die schwerste und wichtigste Entscheidung der Beschluss im September 2008, die Manufaktur zu erweitern, obwohl zum gleichen Zeitpunkt Lehman Brothers in Konkurs ging und damit die Krise auslöste. Der Bau des neuen Flügels hat es uns ermöglicht, neue Berufe rund um die Hemmung zu entwickeln. Ohne diese zusätzlichen Räumlichkeiten hätten wir seit 2009 nie ein so grosses Wachstum verzeichnen können. Die Renovierung und Erweiterung unserer Boutique am Place Vendôme auf 500 Quadratmeter setzte ebenfalls grosse Investitionen voraus. Doch genau dieses «Uhrmacher-Boutique»-Konzept ermöglicht ein ganz neues und einzigartiges uhrmacherisches Erlebnis. In Bezug auf die Darstellung des Fachwissens von Jaeger-LeCoultre ist es wie eine «Vorher-Nachher-Situation». Die dritte strategisch wichtige Entscheidung traf ich 2003. Sollten wir in der Manufaktur wieder an die grossen Komplikationen anknüpfen oder nicht? Sie zeugen seitdem vom erstklassigen uhrmacherischen Know-how unserer Marke.

 

 

Worauf können sich die Kunden 2013 im Rahmen des 180. Geburtstags von Jaeger-LeCoultre freuen?

Die Marke hat in 180 Jahren 1242 Kaliber entwickelt und über 400 Erfindungen gemacht. Wir haben hart gearbeitet, um der Philosophie von Antoine Le Coultre und den anderen Mitgründern von Jaeger-LeCoultre gerecht zu werden. Wir haben uns die Hauptanliegen jedes einzelnen von ihnen auf die Fahne ge-schrieben, um am kommenden SIHH eine Jubiläumskollektion zu präsentieren. Aufgrund unserer zahlreichen Partnerschaften mit Filmfestivals in Venedig, Schanghai, Abu Dhabi, San Sebastian und Estoril werden die Feierlichkeiten von Jaeger-LeCoultre sich auch um den Bereich Kino drehen. Gleichzeitig werden auch auf anderen Kontinenten zahlreiche Projekte rund um die 7. Kunst umgesetzt werden. Eine Inszenierung der Entwicklung unserer Manufaktur über die Jahr-hunderte in Zusammenarbeit mit Kunst-, Kultur- und Geschichtseinrichtungen entspricht perfekt unseren Werten und bietet uns die Möglichkeit, die schönsten Zeitmesser unserer Kollektionen zu präsentieren. Die Öffentlichkeit kann sich auch schon auf ein neues Damenmodell freuen, das unsere uhrmacherische Philosophie symbolisiert und beweist, dass wir die Damenherzen ebenfalls seit Jahrzehnten zu erobern wissen.

 

 

Spielen neue grosse Komplikationen dabei eine Hauptrolle?

Ja, in der Tat. Die Kollektion Hybris Mechanica, die wir seit 2003 jedes Jahr um eine Weltpremiere ergänzen, wird auch 2013 zum zehnten Mal erweitert. Diese Kollektion zählt insgesamt rund 100 Komplikationen! Am SIHH werden wir vor allem unsere Jubiläumskollektion zum 180. Geburtstag präsentieren, deren drei Hauptmodelle den Grundstein für eine neue Linie legen dürften. Die Kollektion Jubilée besteht aus dem GyroTourbillon3 mit kugelförmiger Spirale und mechanischer Digitalanzeige, dem Master Grande Tradition Quantième Perpétuel Tourbillon mit zylinderförmiger Spirale und der Master Ultra Plate Jubilée, deren Gehäusehöhe von 4,05 mm sie zur flachsten Mechanikuhr der Welt macht.

 

 

Sind Sie zufrieden mit den ersten Ergebnissen der neuen Damenkollektion Rendez-Vous, die Sie im Herbst lancierten?

Ihr Erfolg ist doppelt erfreulich, weil er alle Kontinente betrifft und Kundinnen sich teilweise überrascht zeigen, dass es sich um eine neue Linie handelt. Rendez-Vous ist deshalb bereits ein fester Bestandteil der Jaeger-LeCoultre-Kultur. Im November waren schon mehrere Referenzen vergriffen. Der Erfolg übertrifft unsere Erwartungen deutlich.

 

 

Ist und bleibt die Reverso weiterhin der Bestseller?

Ja! Die Duetto Classique, bei der wir immer Lieferengpässe haben, ist und bleibt unser Bestseller. Ihr typischer Look der 1920er- und 1930er-Jahre gefällt noch immer oder gar noch besser, zumal Form-uhren bei den Damen in den Schwellenländern hoch im Kurs stehen und sich auch die urbanen Herren auf anderen Märkten wie den USA derzeit für ausgefallene und elegante Zeitmesser begeistern. Seit der Markteinführung der neuen ultraflachen Versionen überzeugt die Reverso gleichermassen durch ihren uhrmacherischen Inhalt wie auch durch ihre ästhetische Ausgewogenheit, d.h. ihr traditionelles Wahrzeichen.

 

 

Sie haben unlängst die grösste eigene Uhrenboutique am Place Vendôme eröffnet. Wie sehen Sie die Zukunft von Einzelhändlern mit mehreren Marken?

Sie spielen eine tragende Rolle. Einige existieren seit mehreren Generationen und wussten sich allen Veränderungen anzupassen. Am erfolgreichsten sind zweifellos jene Einzelhändler, die eine Auswahl getroffen und eine Markenstrategie definiert haben. Die grossen Einzelhändler Singapurs vertreiben beispiels-weise nur etwa zwölf Marken. Sie müssen vor allem einen umfassenden Service bieten. Auch unter erschwerten wirtschaftlichen Bedingungen können sich so beispielsweise die italieni-schen Einzelhändler dank einzigartiger Servicequalität im Kundendienst weiterentwickeln. Ausserdem besteht die Möglichkeit einer Partnerschaft, wie wir sie gerade mit Bucherer in Luzern umgesetzt haben. Die Einzelhändler müssen sich wie die Marken auch ständig anpassen, um weiterhin Wachstum verzeichnen zu können. Ihre Schicksale sind eng miteinander verflochten, zumal die Marken in den Bereichen Technik und Selektivität immer stärker unter Druck geraten, was immer höhere Investitionen voraussetzt. Nicht alle Marken können sich eine eigene Boutique leisten. In einer Stadt wie Hongkong kostet die Eröffnung rund eine Million Euro, die jährliche Miete nochmals zwei Millionen und für den Lagerbestand kommt noch eine weitere hinzu. Ohne vier Millionen Cash ist eine Markenboutique unmöglich. Und da sprechen wir nur von einem einzigen Verkaufspunkt.

 

 

Wann nimmt Jaeger-LeCoultre wieder am Grand Prix d’Horlogerie de Genève teil?

Die Kommunikation und die Imagestrategie der Marken haben sich in den vergangenen zehn Jahren stark verändert. Ich denke, dass sich deshalb auch diese Veranstaltung weiterentwickeln sollte. Das muss jeder selber wissen. Ich denke, dass man solche Feierlichkeiten neu durchdenken müsste, damit sie für die grossen Marken sinnvoll sind und ihnen Lust geben, sich zu engagieren.


Brice Lechevalier ist Chefredakteur und Mitbegründer von GMT (2000) sowie Skippers (2001) und leitet WorldTempus seit der Integration in das Unternehmen GMT Publishing als Ko-Aktionär. 2012 entwickelte er die Geneva Watch Tour. Seit 2011 dient er als Berater des Grand Prix d’Horlogerie de Genève. Im Bereich des Segelsports zeichnet er seit 2003 für die Veröffentlichung der Zeitschrift der Socitété Nautique de Genève verantwortlich. Er ist ferner Mitbegründer des 2009 ins Leben gerufenen SUI Sailing Awards (offizieller Schweizer Segelpreis) sowie des 2015 erstmals durchgeführten Concours d’Elégance für Motorboote des Cannes Yachting Festival.

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