Funktionsreigen

Was gibt es Ausgefalleneres als eine mitten in einer komplexen Architektur aus Karbon-, Titan- und Keramik-Nanoröhrchen auf dem Tourbillonkäfig thronende und sich drehende G-Sonde? Richard Mille entwickelte für den WRC-Rekord-Champion Sébastien Loeb den gleichnamigen Tourbillon RM 36-01 Capteur de G Compétition, der die während der Fahrt kumulierten Erdbeschleunigungen G visuell anzeigt: Beschleunigung, Bremsen, Fliehkraft in den Kurven, je nach zuvor durch einfaches Drehen der Lünette definiertem G-Typ. Der kleine gelbe Zeiger gibt an, ob die G-Kräfte (bis maximal 6) noch gering sind (grüne Zone) oder kritisch werden (rote Zone). Die Nullstellung erfolgt durch Betätigung des Drückers in der Mitte des Saphirglases. Eine bei 2 Uhr angebrachte Anzeige der Gangreserve von 70 Stunden und ein Funktionswähler bei 4 Uhr vervollständigen die Funktionen dieses neuen Tourbillonkalibers, das der vielfache Weltmeister wie alle RM-Botschafter natürlich während des Rennens am Handgelenk trägt.

 

Spielernatur? Christophe Claret hat mit seinen verspielt-komplizierten Zeitmessern wie der 21 Blackjack und der Baccara so viel Erfolg, dass er in diesem Jahr auch die Pokerspieler beglückt. Die Poker kombiniert in der beliebtesten Poker-Variante «Texas Hold’em» 32 768 verschiedene Partien, d.h. 98 304 für drei Spieler und die Bank. Durch Aufziehen der Feder werden vier runde Scheiben (davon eine aus Saphirglas) mit aufgedruckten Karten gleichzeitig in Drehung versetzt. Der Drücker bei 9 Uhr löst das erste Geben ohne jede Spekulationsmöglichkeit aus, weil die auf Kugellagern aus Keramik oder Rubin montierten Scheiben nach einigen Augenblicken willkürlich anhalten. Die so gemischten Karten werden bei 6, 10:30 und 2:30 Uhr in Feldern angezeigt, sind dank eines genialen Jalousienmechanismus jedoch für die anderen Spieler nicht einsehbar. Nach dem ersten Ausgeben enthüllt der Drücker bei 10 Uhr die offenen Karten (Flop) am linken Zifferblattrand. Ein weiterer Drücker bei 8 Uhr enthüllt dann am rechten Zifferblattrand den Turn (eine weitere offene Karte). Der gleiche Drücker deckt anschliessend ebenfalls am rechten Zifferblattrand den River auf. Christophe Claret hat als grosser Meister der Uhren mit Läutwerk diesen aus 665 Komponenten bestehenden Automaten mit einer Kathedraltonfeder ausgestattet, die bei jeder Betätigung der Drücker für Flop und Turn/River erklingt. Nicht weniger faszinierend ist die auf der Rückseite einsehbare Schwungmasse, die wie bei einem Roulettespiel auf eine der 37 Zahlen des inneren Höhenrings zeigt. Spielsüchtige sollten sich von diesen Uhren fernhalten!

 

Liebhabern von Eispickeln und Fellwanderungen dient Breva als Bergführer. Nach dem ersten grossen Erfolg an der Baselworld 2013 mit der Génie 01, die Auskunft über den Luftdruck und somit den Wetterbericht gab, verfügt die in diesem Jahr präsentierte Génie 02 über einen mechanischen Höhenmesser. Der Uhrmacher und Entwickler Jean-François Mojon nutzt die für das erste Modell aufgestellten Berechnungen nun anders. Das Barometer der Génie 02 zeigt die Höhe statt des Luftdrucks an (je grösser die Höhe, desto dünner die Atmosphäre und somit desto geringer der Druck). Bei 6 Uhr messen zwei aneroide Sonden den Luftdruck, von dem die Höhe abgeleitet wird. Das patentierte, nichtmagnetische Metall ohne Formgedächtnis ist leichter und solider als Aluminium. Ein darüberliegender Hebel überträgt die kombinierte Höhe beider Sonden über ein komplexes Räderwerk- und Zahnradsystem an das Präzisionsaltimeter (bei 2 Uhr) und den Höhenmesser mit grosser Skala (bis 5000 Meter, rund um das Zifferblatt). Der Druckausgleicher bei 4 Uhr verfügt über eine feuchtigkeitsundurchlässige Teflonfasermembran.

 

 

Bereit zum Eintauchen? Wählen Sie zwischen Oris und IWC. Die an der Baselworld 2013 präsentierte Oris Aquis Depth Gauge (wasserdicht bis 500 Meter) ist die erste Taucheruhr mit einer in das Saphirglas integrierten Tiefenanzeige, deren Mechanismus das Boyle-Mariotte-Gesetz nutzt. Durch eine Öffnung bei 12 Uhr dringt Wasser über eine Rille im Glas rund um das Zifferblatt ein und komprimiert während des Abtauchens die Luft sichtbar. Das Hellgrau wird immer dunkler und hebt sich deutlich von der gelben Skala im Gegenuhrzeigersinn entlang der einseitig drehbaren Keramiklünette ab. Beim Auftauchen wird die Tiefe genau nach dem gleichen Prinzip umgekehrt angegeben.

 

IWC präsentierte 1999 mit der GST Deep One die erste Taucheruhr mit mechanischem Tiefenmesser und ist und bleibt somit Vorreiter auf diesem Gebiet. 2009 folgte die Aquatimer Deep Two und am SIHH 2014 die Aquatimer Deep Three in Titan. Ihr in die Krone links integriertes Manometersystem verfügt über eine Klappe, durch die das Wasser direkten Druck auf die in die Krone eingebettete Membran ausübt und einen Zapfen ins Gehäuseinnere schiebt. Dies löst einen Hebelmechanismus aus, der wiederum die Messzeiger steuert. Der blaue Zeiger bewegt sich je nach effektiver Tiefe im weissen Bereich, während der rote Zeiger die Maximaltiefe bis zu 50 Metern anzeigt. Mit dem Keramikdrücker kann Letztere auf Null gestellt werden. Dank des Zeigers für Sekunden und Tiefenmesser ist auch die maximale Auftauchgeschwindigkeit von 10 Metern pro Minute kontrollierbar. Unter dem Titanschutz bei 4 Uhr verbirgt sich der Kupplungsmechanismus des neuen Drehlünettensystems, der die Vorteile einer inneren Drehlünette (Schutz der Skala gegen Schmutz und Kratzer) mit der Benutzerfreundlichkeit einer äusseren Drehlünette kombiniert. Bei dieser IWC-Erfindung wird die Drehbewegung der äusseren auf die innere, im Gehäuse befindliche Drehlünette übertragen. Optimale Sicherheit, auch wenn der Tauchcomputer mal aussteigt!

 

Nichts entspannt beim Arbeiten so schön wie Golfen! Jaermann & Stübi schreibt sich dies seit über fünf Jahren auf die Fahne: schöne Mechanikuhren mit für Golfer nützlichen Funktionen. Seit letztem Jahr führt die Marke auch Damenmodelle in drei eleganten Versionen mit einem Durchmesser von 38 mm: Die Queen of Golf automatique verfügt über einen mechanischen Zähler für die noch auszuführenden Schläge sowie einen Totalisator für 18-Loch-Plätze. Die letztes Jahr an der Baselworld für Green-Globetrotter enthüllte Trans Atlantic (mit COSC-Zertifikat) besitzt ebenfalls einen mechanischen Zähler für die pro Loch gespielten Schläge, eine Gesamtscore-Funktion mit retrograder Anzeige der gespielten Löcher sowie weitere Informationen. Mit der Drehlünette können einerseits der Score mit dem Handicap verglichen und andererseits Meter in Yards umgewandelt werden, um die Wahl des richtigen Clubs für Distanzen zu wählen, die nicht in der für den Spieler üblichen Masseinheit angegeben werden.

 

Die Aquatimer Deep Three von IWC mit mechanischem Tiefenmesser speichert die erreichte Tiefe.

 

Tourbillon RM 36-01 Capteur de G Compétition Sébastien Loeb, Sonderserie mit 30 Exemplaren.

 

Christophe Claret Poker automatique mit Kathedraltonfeder, Roulette- und Pokerspiel, 4 Sonderserien mit je 20 Exemplaren in Titan und Gold.

 

Die Trans Atlantic von Jaermann & Stübi besitzt einen mechanischen Zähler für die pro Loch gespielten Schläge, den Gesamtscore, eine retrograde Anzeige der gespielten Löcher sowie einen Umwandler Meter/Yards.

 

Die Génie 02 von Breva zeigt mechanisch die Höhe bis maximal 5000 Meter an!

 

Die Oris Aquis Depth Gauge zeigt die Tiefe dank der unter dem Saphirglas komprimierten Luft an.


Brice Lechevalier ist Chefredakteur und Mitbegründer von GMT (2000) sowie Skippers (2001) und leitet WorldTempus seit der Integration in das Unternehmen GMT Publishing als Ko-Aktionär. 2012 entwickelte er die Geneva Watch Tour. Seit 2011 dient er als Berater des Grand Prix d’Horlogerie de Genève. Im Bereich des Segelsports zeichnet er seit 2003 für die Veröffentlichung der Zeitschrift der Socitété Nautique de Genève verantwortlich. Er ist ferner Mitbegründer des 2009 ins Leben gerufenen SUI Sailing Awards (offizieller Schweizer Segelpreis) sowie des 2015 erstmals durchgeführten Concours d’Elégance für Motorboote des Cannes Yachting Festival.

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